Stress in der Hochzeitsplanung: Was wirklich hilft 

Viele Paare geraten während der Hochzeitsplanung stark unter Stress. Traurednerin Kathrin Dell-Lenz zeigt Warnsignale und wie Prioritäten, offene Kommunikation und Delegation die Vorfreude zurückbringen.

Wann hast du erstmals Paare erlebt, die in der Hochzeitsplanung richtig unter Stress geraten sind?

„Ehrlich gesagt erlebe ich das schon immer: Viele Paare geraten in der Planung schnell unter Stress – nicht zuletzt, weil das Umfeld ständig hineinfunkt. Besonders ausgeprägt war das während der Corona-Pandemie.“

Was hat dich dazu bewegt, dich öffentlich für das Thema psychische Belastung rund um die Hochzeit stark zu machen?

„Weil das Thema häufig übersehen wird. Zu oft wird es kleingeredet nach dem Motto: ‚Das macht doch jede/r so.‘ Dabei habe ich hinter den Kulissen unzählige Tränen, Zweifel und Unsicherheiten erlebt und kaum jemand spricht darüber. Es ist Zeit, das offen zu thematisieren. Hochzeiten dürfen schön sein, aber auch ehrlich. Wenn man nicht darüber spricht, fühlen sich viele allein gelassen und fragen sich: ‚Alle anderen schaffen das, warum ich nicht?‘ Das schürt nur zusätzliche Selbstzweifel. Deswegen finde ich es einfach superwichtig, dass man da in den Austausch geht und darauf auch hinweist.“

Welche Faktoren setzen Brautpaare aus deiner Sicht am meisten unter Druck?

„Aus meiner Sicht sind es vor allem vier Punkte: Erstens der Perfektionsdruck durch Social Media – der Hochglanz-Look und viele Styleshootings erzeugen Erwartungen, die mit der Realität oft wenig zu tun haben. Zweitens der eigene Anspruch: Man möchte den perfekten Tag erleben und diskutiert innerlich ständig, ob alles ‚perfekt‘ ist. Drittens der Wunsch, es allen recht zu machen – Familie, Freundeskreis und traditionelle Erwartungen üben spürbaren Einfluss aus. Und viertens die Finanzen: Budgetfragen setzen zusätzlich unter Druck und führen in der Partnerschaft nicht selten zu Reibung, weil viele Entscheidungen getroffen werden müssen – manchmal auch entgegen der eigenen Wünsche.“

Woran können Paare erkennen, dass aus normalem Planungsstress eine ernsthafte psychische Belastung wird?

„Wenn die Hochzeitsplanung zum Streitthema Nummer eins wird – obwohl sie eigentlich eine der schönsten Zeiten sein sollte – und man aus der Dauerschleife der Frustration nicht herauskommt, ist das ein Warnsignal. Spätestens wenn eine/r das Gefühl hat, nur noch zu funktionieren, sich alleine gelassen fühlt, vom Partner/der Partnerin keine Unterstützung erfährt und körperliche Symptome wie Schlaflosigkeit oder permanente Erschöpfung dazukommen, sollte man innehalten. Wer keine Vorfreude mehr spürt, sondern nur noch Druck, sollte andere um Hilfe bitten.“

Welche Folgen kann dieser permanente Druck auf die Beziehung haben?

„Der permanente Druck verschiebt die Prioritäten: Statt gemeinsamer Werte stehen Diskussionen im Vordergrund. So entstehen kaum schöne Erinnerungen an die Vorbereitungszeit und selbst der Hochzeitstag wird schnell von der anstrengenden Phase davor überschattet. Das kann langfristig auf der Beziehung lasten, weil man sich ungern an diesen Tag erinnert und negative Gefühle haften bleiben.“

Welche konkreten Tools empfiehlst du, um in dieser Phase mental stabil zu bleiben?

„Ich empfehle, zunächst gemeinsam klare Prioritäten zu setzen: Was ist uns wirklich wichtig, welche Traditionen passen zu uns und was darf getrost wegfallen? So entsteht Orientierung. Gleichzeitig hilft es sehr, die Verantwortung bewusst aufzuteilen, damit die Planung ein echtes Gemeinschaftsprojekt bleibt: Einer übernimmt zum Beispiel die Musik, der/die andere kümmert sich um FotografIn oder TraurednerIn; ideal ist, wenn jeweils klar ist, wer entscheidet was und bis wann. Die To-do-Liste sollte realistisch sein und Puffer enthalten, inklusive fester Entspannungstage – besonders kurz vor der Hochzeit. Am Tag selbst gilt dann: die Liste schließen und den Ablauf laufen lassen. Ebenso wichtig ist es, Hilfe anzunehmen: Aufgabenpakete lassen sich wunderbar an Familie und FreundInnen vergeben, etwa Tischdeko, Gastgeschenke oder Aufbau. Schön ist es auch, daraus kleine Rituale zu machen – regelmäßige DIY-Abende, bei denen man Deko und Geschenke vorbereitet. Das entlastet spürbar, stärkt das Wir-Gefühl und bewahrt die Vorfreude.“

Wann ist aus deiner Sicht der richtige Zeitpunkt, sich professionelle Hilfe zu suchen, etwa durch Coaches oder TherapeutInnen?

„Weil die Planungsphase oft einen längeren Zeitraum umfasst – häufig bis zu anderthalb Jahren – würde ich sagen: lieber früher als später professionelle Hilfe suchen. Schon ein erstes Gespräch mit einem Coach oder einer TherapeutIn kann enorm entlasten. Und parallel lohnt es sich, gezielt Ausgleich zu schaffen – etwa durch Yoga oder Meditation.

Wie wichtig ist eine offene Kommunikation zwischen den PartnerInnen, um Erwartungen zu klären und Druck rauszunehmen?

Offene Kommunikation ist essenziell und sie muss über Themen wie Deko hinausgehen. Wichtig ist, dass beide ihre Gefühle und Bedürfnisse transparent aussprechen. Gerade beim Eheversprechen sehe ich oft Unterschiede: Für die eine Person ist es enorm wichtig, für die andere kaum. Dann gilt es, einen Mittelweg zu finden, mit dem beide wirklich zufrieden sind – eine Lösung, die beide trägt. Dafür können auch DienstleisterInnen moderieren und Ideen einbringen. Es gibt kein Schwarz oder Weiß, sondern ein wunderschönes Grau dazwischen.

Was können DienstleisterInnen tun, um sensibler mit Paaren umzugehen?

„Mir ist wichtig, dass wir unsere Rolle ernst nehmen: Wir begleiten Paare an einem ihrer schönsten Tage – das ist eine große Verantwortung. Dazu gehört, echte Fragen zu stellen: Welche Sorgen habt ihr? Was wäre für euch der schlimmste Fall? So können wir Themen vorwegnehmen und mit Erfahrung auffangen. Genauso wichtig ist Verständnis – unabhängig davon, welche Wünsche geäußert werden. Wir dürfen uns nicht anmaßen zu wissen, was in einem Paar vorgeht und in deren Beziehung wichtig ist. Unsere Aufgabe ist, zuzuhören, uns hineinzuversetzen und diese Verantwortung dem Paar gegenüber bewusst zu tragen.“

Gab es eine Trauung oder ein Erlebnis, bei dem dir besonders bewusst wurde, wie wichtig mentale Stärke für den großen Tag ist?

„Ja, tatsächlich immer wieder. Ich erlebe häufig, dass klassischerweise die Braut bis zur letzten Minute alles gibt, damit wirklich alles steht und den Moment mit dem Partner/der Partnerin nicht mehr bewusst erlebt. Kommt dann noch etwas Unvorhergesehenes dazu, etwa Regen, kippt schnell die Stimmung. Wer schon in der Planungsphase dauerhaft unter Strom stand, tut sich am Tag selbst schwer, loszulassen und dieses entspannte Gefühl mitzunehmen. Umgekehrt sehe ich, dass Paare, die frühzeitig Pausen eingeplant haben und rechtzeitig gemerkt haben, wann es zu viel wird, ihren Tag deutlich besser genießen.

Dein Ansatz ist es, Hochzeiten authentisch und inklusiv zu gestalten – wie trägt das auch dazu bei, Paare mental zu entlasten?

„Authentizität heißt für mich: Niemand muss sich verstellen. Inklusion bedeutet, dass wir keine Schubladen bedienen müssen. Beides nimmt sofort Druck heraus, weil es nicht um das eine perfekte Bild einer Hochzeit geht, sondern um ihre Geschichte und ihre Gefühle. Gerade Männer fühlen sich oft verpflichtet, stark zu wirken und Emotionen zu verstecken; bei mir sind Gefühle ausdrücklich erlaubt und erwünscht. Genau das macht eine Trauung lebendig und authentisch.

Unsere Expertin

Kathrin Dell-Lenz ist Hochzeitsrednerin, Trainerin und Gründerin der Hochzeits-Community „Deine TrauFamily“. Sie gestaltet freie Trauungen im In- und Ausland mit Fokus auf Destination Weddings, individuelle Wünsche und inklusive Hochzeiten. 2025 gewann sie den Speaker Award beim Founder Summit und begeisterte bereits beim Internationalen Speaker Slam.

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